top of page
AutorenbildAmelie Marie Weber

Traumberuf Journalismus - Tipps für den Aufnahmetest

Liebe Nachwuchsjournalistin, lieber Nachwuchsjournalist,

das Volontariat ist dein Eintritt in den Journalismus. Doch bevor du einen der begehrten Ausbildungsplätze in Redaktionen oder an Journalistenschulen erhältst, steht dir oft ein aufwendiger Aufnahmetest bevor. Er entscheidet über deine Zukunft. Ich weiß selbst ganz genau, wie aufregend das ist. Denn ich habe im Frühjahr 2018 gleich vier dieser Tests absolviert: An der Deutschen Journalistenschule (DJS), bei der Deutschen Presse Agentur (dpa), an der Burda Journalistenschule (BJS) und an der RTL Journalistenschule. Ich weiß von Bekannten, dass sich die Verfahren in vielen weiteren Schulen und Redaktionen kaum davon unterscheiden. Dieser Text hilft also hoffentlich allen zukünftigen Anwärterinnen und Anwärtern.

Letztlich lief es für mich viel besser, als ich es mir je erträumen konnte: Ich kam bei allen Tests in die End-Runde und erhielt sogar zwei Zusagen. Ich entschied mich für ein Volontariat an der BJS und wurde beim FOCUS Magazin ausgebildet. Inzwischen bin ich festangestellte Redakteurin. Im folgenden Text möchte ich auf die aufregende Zeit der Aufnahmetests zurückschauen, meine Insights mit dir teilen und dir Tipps geben, damit auch du deinen Wunsch-Volo-Platz ergatterst. Warum ein Volo überhaupt zu empfehlen ist und wie der richtige Weg in den Journalismus aussieht, habe ich bereits in diesem Text für dich zusammengefasst. Bevor du zum Aufnahmetest eingeladen wird, durchläufst du in der Regel einen Bewerbungsprozess. Dazu habe ich meine Ratschläge ebenfalls bereits in einem Blogbeitrag für dich aufbereitet.

Ist die Einladung zum Test dann also bei dir angekommen, steigt die Aufregung. Die Aufnahmeverfahren für Volontäre haben nicht umsonst den Ruf, sehr anspruchsvoll zu sein. Unter tausenden Bewerbern werden oft nur wenige Glückliche zum Volontariat ausgewählt. Natürlich unterscheiden sich die einzelnen Tests voneinander. Manche dauern einen Tag, andere gleich zwei oder drei Tage. Auch die Schwierigkeit variiert: Ich persönlich empfand den Test bei der dpa als am schwierigsten, aber das kommt natürlich auch auf das Jahr an, in dem man am Aufnahmeverfahren teilnimmt. Gemein haben die meisten Prozesse, dass sie aus einem Allgemeinwissenstest, einem persönlichen Gespräch und einer Schreib-Aufgabe bestehen. Häufig kommt noch eine Kreativ- oder Gruppenübung hinzu. Im Folgenden gebe ich dir die wichtigsten Tipps für die jeweiligen Aufgaben:

Grundsätzliches zu den Aufnahmetests:

Pünktlichkeit und ein angemessenes Äußeres sollten selbstverständlich sein. Um sicherzustellen, dass du nicht in Stress kommst und das Ganze möglichst entspannt angehen kannst, würde ich dir raten, am Vortag anzureisen, falls du nicht aus der jeweiligen Stadt kommst. Die Test-Tage sind wahnsinnig anstrengend, also sei unbedingt ausgeschlafen und trage seriöse, aber bequeme Kleidung. Für Essen und Trinken ist in der Regel gesorgt. (Es gab immer richtig gute Buffets! Alleine dafür lohnt sich die Aufregung schon ;-)). Am Rande des Tests lernst du natürlich immer einige andere Bewerber kennen. Ich würde dir raten, offen auf sie zuzugehen und versuchen, Kontakte zu knüpfen. Ihr könnt einander die Nervosität ein wenig nehmen, euch austauschen und vielleicht entsteht sogar die ein oder andere Bekanntschaft, die über den Test hinaus andauert. Netzwerken ist im Journalismus wahnsinnig wichtig und man kann nie früh genug damit beginnen!

Aufnahmetest Volontariat: Der Allgemeinwissenstest

Zu den Allgemeinwissenstests bekomme ich von Nachwuchs-Journalisten die meisten Fragen. Wie schwer ist das? Und vor allem: Wie kann ich mich darauf vorbereiten? Denn eigentlich ist die Sache klar: Allgemeinwissen hat man, oder man hat es eben nicht. Doch du kannst dich durchaus auf diese Tests vorbereiten. Wichtig ist dabei vor allem, dass du früh genug anfängst. Ich habe im Dezember 2017 begonnen, mich auf den Test an der DJS vorzubereiten, der im April 2018 stattfand. Damals wusste ich nicht mal, ob ich überhaupt zu dem Test eingeladen werde, aber erst anzufangen, wenn die Einladungen raus sind, ist ganz einfach zu spät.

Dann habe ich mir zunächst angeschaut, wie die Fragen ungefähr aussehen. Die DJS hat auf ihrer Website die Fragen von meinem damaligen Test inzwischen veröffentlicht: Schau sie dir unbedingt an und teste selbst, ob du sie hättest beantworten können. Du wirst merken, dass es vor allem um Geschehnisse geht, die im vorangegangenen Jahr passiert sind. Es ist deshalb zu empfehlen, dir Jahresrückblicke im Fernsehen anzuschauen und mitzuschreiben. Dann kannst du die Ereignisse auswendig lernen. Außerdem habe ich mir damals den Jahresrückblick der Süddeutschen Zeitung gekauft und auch ihn wirklich sehr aufmerksam gelesen. Wichtig ist, sich auch die Gesichter und Bilder einzuprägen, denn bei vielen Verfahren werden nicht nur Fakten abgefragt, sondern man muss auch Menschen und Orte erkennen und zuordnen können.

Damals noch zu Gast für den Aufnahmetest, heute wohne ich in Berlin!

Wenn du Journalist oder Journalistin werden möchtest, kennst du dich im Zeitgeschehen sicherlich gut aus, denn ein Grundinteresse gehört dazu. Aber kennst du auch wirklich alle Ministerpräsidenten in Deutschland? Weißt du, wie der Kanzleramtschef heißt und aussieht? Und wer hat eigentlich den letzten Oscar als beste Darstellerin gewonnen? Ich gebe ehrlich zu, ich musste da trotz meines Berufswunsches recht viel nachholen.

Aufnahmetest Allgemeinwissen - Wie bereite ich mich vor?

Also habe ich mir Tabellen erstellt und auswendig gelernt. Ich sah mir die wichtigsten Politiker im In- und Ausland an, die erfolgreichsten Schauspieler, Sportler und Sänger unserer Zeit und so weiter. Dann lernte ich sie stur auswendig. Du kannst dir sicher denken, dass diese Lernerei wahnsinnig viel Zeit frisst. Vor allem, wenn du „nebenher“ noch deine Bachelorarbeit schreibst. (Oh man, was das anstrengend!!!). Aber es hat sich gelohnt und ich profitiere noch heute von dem Wissen, das ich mir damals angeeignet habe. Wirklich viel Zeit benötigte ich damals natürlich auch für das Erstellen der Tabellen. Gerne teile ich sie in einer aktuellen Version mit dir, sodass du sie nur noch auswendig lernen musst. Schreib mir dazu einfach eine Mail.

Am meisten überrascht hat mich, wie wenig Zeit wir für diese Tests hatten. Du hast wirklich nicht viel Gelegenheit, richtig nachzudenken. Die Antworten müssen also „wie aus der Pistole geschossen“ kommen. Deshalb würde ich wirklich dazu raten, alles so genau wie möglich auswendig zu lernen und nicht nur zu überfliegen. Du musst quasi alles im Schlaf können.

Beim Test an der BJS ist es so, dass auch sehr konkrete Fragen zu bestimmten Fachbereichen gestellt werden. Zum Beispiel: Zu welche Jahreszeit blühen Hyazinthen? Oder: Was sind Culottes? Bei der Auswertung wird dann natürlich darauf geachtet, ob die Bewerberin für die Zeitschrift „Mein schöner Garten“ die Frage zu den Blumen, und der Bewerber für die Modezeitschrift „Elle“ die Frage zu den Culottes beantworten kann. Als Bewerberin für den Focus ist es also nicht ganz so schlimm, wenn du nicht weißt, wann Hyazinthen blühen.

Allgemeinwissenstest - Du musst nicht alles wissen

Bei RTL werden im Allgemeinwissenstest auch Fragen zu Programminhalten gestellt. Ich erinnere mich, dass bei mir gleich mehrere Fragen zum Dschungelcamp und zum Bachelor gestellt wurden. Um ganz ehrlich zu sein, kenne ich mich damit nicht wirklich gut aus und habe diese Sendungen nie angeschaut. Ich konnte also bei weitem nicht all diese Fragen beantworten, trotzdem schnitt ich am Ende gut ab. Diese Tests sind ganz einfach so angelegt, dass es nahezu unmöglich ist, alle Fragen beantworten zu können. In der Regel ist es bereits gut, wenn du mehr als 50 Prozent weißt. Mein letzter Tipp zum Allgemeinwissenstest lautet: Mach es wie in der Schule und rate, wenn du es nicht weißt. Egal, ob Multiple Choice oder offene Antworten – setz dein Kreutzchen bei der Antwort, die dir noch am plausibelsten erscheint oder schreibe einfach irgendetwas hin. Vielleicht hast du Glück und liegst richtig, oder kriegst zumindest teilweise Punkte. Ein leeres Feld habe ich jedenfalls in keinem Test hinterlassen.

Natürlich haben diese Tests auch mit Glück zu tun. Du lernst und weißt so viel, aber so viel eben auch nicht und es kommt einfach auch darauf an, welche Themen drankommen. Mach dir auf jeden Fall bewusst, dass es nicht nur um diesen Wissenstest geht, sondern auch um die weiteren Bestandteile der Aufnahmeverfahren…

Aufnahmetest Volontariat – Die Schreibübung

…wie zum Beispiel die Schreibübung! Möglicherweise hast du bereits mit deiner Bewerbung eine Reportage oder andere Schreibproben eingereicht, doch im Aufnahmetest wird häufig eine weitere Demonstration deines schreiberischen Könnens verlangt. Beim Test in der DJS sahen wir einen TV-Beitrag, aus dem wir in kurzer Zeit eine Reportage schreiben mussten. Das Thema war komplex und die Zeit (wie auch schon beim Allgemeinwissenstest) extrem knapp. Es ging um die Sinnhaftigkeit von Abwrack-Prämien, von denen ich absolut keine Ahnung hatte und ich erinnere mich noch, dass ich damals wirklich mit diesem Text gekämpft habe.

Für die Nerven: Ein Zettel von Papa mit guten Wünschen für den Aufnahmetest
Sooo lieb: Ein Zettel von meinem Papa mit guten Wünschen für den Aufnahmetest

Bei RTL ist es normalerweise so, dass die Bewerber ein Thema vorgegeben bekommen und innerhalb von wenigen Stunden ein Feature dazu abgeben sollen. Am Tag meines Aufnahmetests gab es jedoch überhaupt kein festes Thema und wir sollten einfach über IRGENDETWAS schreiben. Klingt irgendwie cool, kann aber auch sehr überfordernd sein. Es war der Tag nach der WM-Niederlage Deutschlands und der Mitarbeiter der Journalistenschule wies uns darauf hin, dass er nicht möchte, dass nun alle Fußballthemen einreichen. Mir war es egal, ich hatte keine bessere Idee. Also fuhr ich in die Innenstadt und interviewte Laden- und Kneipenbesitzer, was das Vorrunden-Aus der Nationalmannschaft für sie bedeutet. Trikots wurden bereits zum halben Preis verkauft und Rabatte wurden vom „WM-Spezial“ zum „Sommer-Spezial.“ Das Ganze beschrieb ich, reicherte es mit einigen Fakten an (zum Beispiel wie viel höher der Bier-Umsatz während einer Weltmeisterschaft normalerweise ist) und gab meinen Text pünktlich ab.

Als Tipp kann ich dir hier nur auf den Weg geben, dir vorab genau anzuschauen, wie eine Reportage bzw. ein Feature aufgebaut ist und was diese Textformen beinhalten. Ich halte es für sehr wichtig, sowohl szenische Bilder, als auch Zitate einfließen zu lassen. Trau dich, Menschen anzusprechen und sei einfach spontan und kreativ. Dann kann eigentlich nichts schief gehen!

Volo Aufnahmetest – Das Bewerbungsgespräch

Im Gegensatz zu Allgemeinwissenstests und Schreibübungen, kommen Bewerbungsgespräche nicht nur im Aufnahmeverfahren für Volos vor. Doch es gibt durchaus auch einige Dinge, die es speziell bei diesen Gesprächen zu beachten gibt: Viele werden nicht mit einem Bewerber, sondern gleich mit mehreren durchgeführt. So saß ich bei der DJS und bei RTL beispielsweise jeweils mit zwei anderen Bewerberinnen gleichzeitig im Raum. Ich habe mir da vorher einen riesen Kopf gemacht und war total unsicher, wie so etwas abläuft. Man möchte schließlich niemandem ins Wort fallen, gleichzeitig aber auch nicht teilnahmslos oder unmotiviert wirken. Am Ende waren meine Sorgen aber unberechtigt; wir wurden eher nacheinander befragt. Es war nur manchmal so, dass eine Bewerberin beispielsweise gefragt wurde: „Wen würden Sie gerne mal interviewen?“ und die Frage anschließend dann auch den beiden anderen gestellt wurde. Aber im Großen und Ganzen macht es keinen großen Unterschied, ob man alleine oder zu mehreren interviewt wird.

Die „Jury“ besteht meist aus fünf bis zehn Personen. Da sind viele wichtige Leute dabei. Ich bin mir nicht sicher, ob es besser ist, sich vorher darüber zu informieren, wer vor einem sitzen wird oder nicht. Einerseits kann es sehr hilfreich sein, da du dir schon überlegen kannst, wer welche Fragen stellen könnte und wie du besonders glänzen kannst. Andererseits macht es auch nervös zu wissen, dass – wie bei mir – unter anderem der Chefredakteur der Süddeutschen Zeitung vor dir sitzt. Das musst du entscheiden!

Natürlich unterscheiden sich auch hier die Fragen von Gespräch zu Gespräch, aber wie in jedem anderen Vorstellungsgespräch auch, stellen die Menschen vor dir natürlich Fragen zu den einzelnen Stationen in deinem Lebenslauf und zu deiner Motivation, in den Journalismus, beziehungsweise speziell zum jeweiligen Ausbildungsunternehmen zu gehen. Es kommt außerdem vor, dass da nochmal die ein oder andere fachliche Frage gestellt wird. Hier einige Fragestellungen, die mir im Bewerbungsgespräch bei FOCUS begegnet:

  • Was hätten Sie in der aktuellen Ausgabe anders gemacht?

  • Was hat Ihnen in der aktuellen Ausgabe am besten gefallen?

  • Was würden Sie in der nächsten Zeit als Titelthema bringen?

  • Was wissen Sie über Burda?

  • Erreichen klassische Medien die Menschen noch?

  • Was können wir tun, um Menschen noch besser zu erreichen?

  • Was ist Donald Trump für Sie?

  • Welche Quellen nutzen Sie, um sich tagesaktuell zu informieren?

  • Wie bewerten Sie das Facebook-Nutzungsverhalten der Digitalministerin?

Ich habe mir damals umgehend nach dem Gespräch alle Fragen notiert. Wenn du die vollständige Liste haben möchtest, schreib mir auch dazu gerne eine Mail. Wichtig ist, dass du ehrlich zugibst, wenn du etwas nicht weißt. Außerdem finde ich es wichtig, dass du bei einer Frage wie „Was hätten Sie anders gemacht?“ auch konstruktive Kritik geben kannst und nicht einfach alles in den Himmel lobst. Die Menschen, die vor die sitzen, werden es dir danken und wissen selbst, dass auch sie nicht alles perfekt machen. Außerdem kannst du dir vorab überlegen, welche Frage du stellen möchtest. Denn auf die Standard-Abschlussfrage: „Haben Sie noch Fragen an uns?“ ist es immer gut, etwas zu entgegnen.

Ansonsten gilt in diesen Gesprächen, was für alle Gespräche dieser Art gilt: Sei höflich, zeig echtes Interesse und Leidenschaft für den Beruf, den du anstrebst. Zeige dich selbstbewusst und vor allem sei du selbst.

Sonstige Aufgaben beim Volo Bewerbungsverfahren

In jedem Bewerbungsverfahren gab es zusätzliche Extra-Aufgaben. Die Burda Journalistenschule stellt dich beispielsweise vor die Herausforderung, dir eine eigene Online-Marke auszudenken, diese zu skizzieren und vor einer Jury vorzustellen. Bei der dpa musste ich zu einem bestimmten Thema ein Foto knipsen und die Geschichte dazu in wenigen Sätzen vor einer Jury vortragen. Bei RTL und der dpa gibt es Problemstellungen, die in Gruppen mit anderen Bewerbern gelöst werden müssen. Dabei sitzen Jury-Mitglieder und beobachten von außen, wie du dich im Team schlägst.


Es ist schwierig da pauschal mehr Tipps zu geben als all das, was ich dir in den vergangenen Abschnitten schon geraten habe. Du solltest deiner Kreativität freien Lauf lassen und den Mut haben, auch außergewöhnliche Ideen vorzustellen und du solltest dich weder schüchtern zurückhalten, noch allzu sehr in den Vordergrund drängen. Mit Leidenschaft und Einsatz wird das alles kein Problem für dich sein!

So ein Aufnahmeverfahren ist eine große Chance und ich weiß, wie nervös man vorher ist. Gleichzeitig kannst du wahnsinnig stolz sein, dass du es bis dorthin geschafft hast. Es gibt einen Grund, dass du aus so vielen Bewerbern auserwählt wurdest, am Test teilzunehmen. Sei also selbstbewusst und verstell dich nicht. Schließlich möchten diese Leute DICH kennenlernen.

Ich drücke dir alle Daumen und freue mich, wenn du mit Fragen und Anmerkungen auf mich zukommst.

Alles Liebe,

Amelie

5.457 Ansichten0 Kommentare

Aktuelle Beiträge

Alle ansehen

コメント


bottom of page